Arik Braun setzt weiteres Ausrufezeichen
Er gehört zu den besten deutschen Schachspielern. Das Mitglied des SV Backnang
hat beim Qualifikationsturnier das Ticket für den Fide-Weltcup, die Vorstufe für
die Weltmeisterschaft, gelöst. Der Großmeister absolvierte dabei sein erstes
Turnier im Hybridformat.
Von Heiko Schmidt
Erstellt:
8. Juni 2021, 06:00 Uhr
Arik Braun hat beim
Qualifikationsturnier in Magdeburg groß aufgetrumpft. Foto: Deutscher Schachbund
Ein fester Bestandteil des Backnanger Schachs ist Arik Braun. In seiner
Kindheit, später in der Jugend und nun bei den Erwachsenen sorgt er auf
nationaler und internationaler Bühne für Aufsehen. Jüngstes Beispiel dafür ist
das Qualifikationsturnier für den Weltcup der Fide, dem Weltschachverband.
Gespielt wurde dabei im Hybridformat. Das heißt: Der Spieler hat ein Schachbrett
vor sich, gibt aber dann seinen Zug in den Computer ein. Da alle deutschen
Spieler in Magdeburg spielten, entstand tatsächlich etwas Turnieratmosphäre, die
Arik Braun sehr genoss. Der heute 33-Jährige sagt dazu: „In den letzten Jahren
ist Schach ja zur Internetsportart geworden – ich treffe jetzt immer wieder auf
Gegner, die praktisch noch nie an einem Schachbrett mir gegenübergesessen haben,
sondern nur am Bildschirm.“ Das Mitglied des SV Backnang schiebt nach: „Ich
denke gerne am Brett, das ist irgendwie plastischer. So habe ich das damals bei
meinem Backnanger Trainer Ulrich Haag gelernt, so gefällt mir das immer noch.“
Neu für den Großmeister war auch der Turniermodus. Es wurden drei Runden im
K.-o.-System ausgetragen, jeweils mit Hin- und Rückspiel. „Es war das erste
K.-o.-Turnier meines Lebens“, sagt Arik Braun dazu und schiebt nach: „Sehr
spannend.“ In der ersten Runde setzte er sich mit 2:0 gegen den Großmeister
Nikola Djukic, der eine Elozahl (Wertungszahl) von 2510 hat, durch. Braun steht
momentan bei einer Wertungszahl von 2609, wird also stärker als sein Kontrahent
eingestuft. In der zweiten Runde schaltete er in einem packenden Kampf den
russischen Großmeister Ivan Rosum (2549) mit einem Sieg und einem Remis aus –
1,5:0,5. „Ich habe bewundert, wie Arik die Kurve bekommen und welche mentale
Stärke er gezeigt hat“, sagt Trainer Ulrich Haag, der die Partien seines
Schützlings verfolgt hat.
„Das Turnier lief
fantastisch für Arik“, freut sich sein Backnanger Trainer Ulrich Haag.
Arik Braun löste in der dritten Runde dann souverän das Ticket für den Weltcup
durch seinen 1,5:0,5-Sieg gegen den leicht favorisierten russischen Großmeister
Aleksandr Rakhmanov (2651). Im Hinspiel gab es für den Deutschen einige bange
Momente in der Eröffnung zu überstehen. Rakhmanov hatte einen Läuferrückzug
vorbereitet, in dessen Folge Arik am Damenflügel in Schwierigkeiten steckte. Mit
einigen taktischen Kniffen sorgte das Mitglied des SV Backnang jedoch dafür,
nach befreienden Bauernzügen und geschicktem Einsatz seiner Springer zu
gewinnen. Im Rückspiel stand Arik Braun nach der Eröffnung blendend und wollte
nun den Sieg erzwingen. Kurze Zeit später fand er sich in einem unangenehmen
Endspiel wieder, in dem das Remis gerettet wurde. Mit 1,5:0,5 gewann er damit
sein Finalmatch und qualifizierte sich für den Fide-Weltcup, der vom 10. Juli
bis 6. August im russischen Sotschi ebenfalls im K.-o.-Wettbewerb stattfinden
soll.
„Das Turnier lief fantastisch für Arik. Mit fünf Punkten aus sechs Partien
könnte er eine Leistungszahl von 2843 erreichen. Mit dieser tollen Leistung
bewegt er sich auf dem Niveau des Weltmeisters Magnus Carlsen aus Norwegen,
dessen Elozahl bei 2847 liegt“, freut sich Ulrich Haag, der Arik Braun bis zu
dessen Alter von 18 Jahren aktiv als Trainer begleitet hat. Haag pflegt aber
auch danach noch regelmäßigen Kontakt zu seinem Schützling und wertet mit ihm
die eine oder andere Partie aus. Das wird bestimmt auch bis zum Beginn des
Weltcups gemacht. An diesem Turnier sollen insgesamt 206 Spieler teilnehmen. 47
davon kommen aus Europa. Einen Platz davon hat sich Arik Braun erkämpft. „Wenn
er genauso konzentriert zu Werke geht, dann wird es spannend“, prognostiziert
sein Trainer Ulrich Haag.
ARIK BRAUNS WICHTIGE STATIONEN IM SCHACH
Am 8. Februar 1988 wurde Arik Braun in Aresing geboren. Das Schachspielen
erlernte er im Alter von fünf Jahren und trat dann in seinen Heimatverein SV
Backnang ein.
1997 sicherte sich das Schachtalent mit neun Jahren den Titel des deutschen
Meisters in der Altersklasse U 11. Drei Jahre später wurde Arik Braun
Vizeeuropameister in der U 12 und deutscher Vizemeister.
2001 nahm er zum ersten Mal an der deutschen Meisterschaft der Erwachsenen teil
und belegte den neunten Platz. Ihm gelang dadurch mit 13 Jahren die erste Norm
für den Titel des Internationalen Meisters.
2002 kam Arik Braun mit 14 Jahren bei der deutschen Meisterschaft der U 18 auf
den zweiten Rang. Ein Jahr später holte er sich in derselben Altersklasse den
Titel.
2004 wird das Mitglied des SV Backnang als Spieler am ersten Brett mit der
deutschen Nationalmannschaft Europameister der U 18. Außerdem bekommt er den
Titel des Internationalen Meisters.
2005 wurde Arik Braun internationaler deutscher Jugendmeister. Ein Jahr später
gewann er die Weltmeisterschaft der U 18 und erzielte dabei zwei Normen als
Großmeister.
2008 holte er sich die Bronzemedaille bei der Weltmeisterschaft der U 20 und
darf sich seitdem Großmeister nennen. Ein Jahr danach hatte er bei der deutschen
Meisterschaft der Männer die Nase vorne.
In der Schachbundesliga spielte Arik Braun von 2004 bis 2015 für den SC
Eppingen, seit 2015 ist er für die SV Hockenheim im Einsatz. In der
österreichischen Bundesliga gehört Braun seit 2005 dem SK Hohenems an, mit dem
er 2014 österreichischer Mannschaftsmeister wurde. In der niederländischen
Meesterklasse spielte Braun in der Saison 2017/2018 für MuConsult Apeldoorn.